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Die Wärmepumpe – Ein missverstandener Wunderkasten

06. Dezember 2023

Die Wärmepumpe ist in aller Munde und wird kontrovers diskutiert – in unserer Podcast-Episode #30 und in diesem Beitrag begeben wir uns auf eine Spurensuche und erklären das Konzept der Wärmepumpe.

Die Wärmepumpe ist in aller Munde. Auf YouTube, in Nachbarschaftsgesprächen und auf Paneldiskussionen wird sie kontrovers diskutiert – die einen sprechen von einem „Effizienzwunder, andere wiederum von einer „Nachhaltigkeitslüge“. Warum die Wärmepumpe so polarisiert, ist nicht einfach zu erklären – in unserer Podcast-Episode #30 und in diesem Beitrag begeben wir uns auf eine Spurensuche und erklären das Konzept der Wärmepumpe.

 

Die Komplexität der Wärmepumpe

Das Wichtigste zuerst: Die Wärmepumpe erzeugt keine Wärme, sondern „pumpt“ vorhandene Wärme ins Haus und hebt diese Wärme dann von einem niedrigeren auf ein höheres Temperaturniveau.

Dahinter steckt ein sehr unintuitiver, physikalischer Prozess, was zu einigen weit verbreiteten Missverständnissen führt. Zum Beispiel, dass die Wärmepumpe in Wahrheit einfach eine Stromheizung ist. Die Wärmepumpe braucht Strom, um zu funktionieren – das stimmt, doch da hört die Ähnlichkeit zur Stromheizung schon auf. Denn im Vergleich zu einer reinen Stromheizung verbraucht die Wärmepumpe bis zu sechsmal weniger elektrische Energie, um dieselben Temperaturen herzustellen, indem sie die bereits bestehende Wärme aus der Umgebung nutzt. Diese Wärme kann aus der Luft, dem Boden oder dem Grundwasser kommen – oder aber auch, und dazu kommen wir gleich – aus der Abwärme.

Es ist außerdem sehr wichtig zu verstehen, dass die Wärmepumpe immer nur so gut ist, wie das System, in das sie eingebaut wird, wie Haustechnikplaner Arne Komposch betont:

„Ich kann mit einer mittelprächtigen Wärmepumpe ein tolles System bauen. Ich kann aber auch die tollste, beste Wärmepumpe mit den besten Prüfstandswerten nehmen, aber deren Potenzial nicht annähernd nutzen,  wenn ich das System rundherum schlecht umsetze.”

Diese Planungsabhängigkeit ist wohl der Hauptgrund für die vielen Missverständnisse, die es rund um die Wärmepumpe gibt. Plant man sie aber richtig, kann sie ebenso gut in schon bestehenden Häusern, in Altbauwohnungen, in denkmalgeschützten Gebäuden mit und ohne Fußbodenheizung sehr effizient für wohlige Wärme sorgen.

Ein weiterer Mythos, der die Wärmepumpe umgibt, ist, dass sie nur in nicht-ganz-so-kalten Regionen funktioniere, da sie oft Wärme aus der Luft verwendet. Wenn die Luft also zu kalt ist, so die Meinung, würde die Wärmepumpe funktionsunfähig. Auch hierbei handelt es sich um ein Missverständnis, wie wir im folgenden Abschnitt aufzeigen.

 

Der Erfolg der Wärmepumpen in Skandinavien

Ein Blick nach Skandinavien zeigt eindrucksvoll, wie effektiv Wärmepumpen auch in kalten Gebieten sein können. Dort sind nämlich bereits über eine Million Einheiten installiert. Finnland führt mit 69,4 Wärmepumpen pro 1000 Einwohner:innen – das ist der höchste Wert in Europa. Es folgen Norwegen mit 62,2 und Schweden mit 39,3 Einheiten. Zum Vergleich: Österreich liegt bei etwa 12 Wärmepumpen pro 1000 Einwohner:innen im europäischen Mittelfeld.

Warum ist das so? Thomas Fleckl vom AIT Austrian Institute of Technology erklärt, dass der hohe Anteil in Skandinavien auf Entscheidungen während der globalen Erdölkrise in den 1970er Jahren zurückgeht. Statt sich auf „traditionelle“ Energiequellen zu verlassen, fokussierten die nordischen Länder auf die Entwicklung und Förderung alternativer Energielösungen. Die Wärmepumpe wurde frühzeitig als Schlüsseltechnologie erkannt, was zu massiven Investitionen in Forschung und Entwicklung geführt hat. Die Regierungen unterstützten die Industrie mit Subventionen und Anreizen und haben so ein günstiges Umfeld für die Wärmepumpentechnologie geschaffen. Zusätzlich wurde die elektrische Energieinfrastruktur ausgebaut, statt in Gasleitungen zu investieren.

„Es hat mit politischen Entscheidungen zu tun, aber genauso mit  praktischen Themen wie einer vorhandenen Infrastruktur. Gasinfrastrukturen sind in diesen Ländern zum Beispiel nicht oder nur teilweise vorhanden und das bestimmt natürlich auch die Energiemärkte und die Möglichkeiten, Energiemärkte zu gestalten.“

Genau in diesem Maßnahmen-Mix sieht Thomas Fleckl den entscheidenden Grund, warum in den nordischen Ländern so viele Wärmepumpen verbaut sind. Das Verhältnis zwischen Strom- und Gaspreisen beeinflusst direkt Industrie und Endverbraucher:innen, sodass die Entscheidung für eine Wärmepumpe anstelle eines Gaskessels zu einer logischen Kosten-Nutzen-Rechnung wird. Wärmepumpen werden so zu einer kosteneffizienten Option. Und das auch in einem Land wie Norwegen, das sich, trotz eigener riesiger Gasvorkommen, früh für den Ausbau von erneuerbarem Strom entschieden hat. Das skandinavische Modell zeigt, wie sich langfristiges Denken und Investitionen auf die Energieinfrastruktur einer ganzen Region auswirken können.

 

Abwärme und die Revolution durch Wärmepumpen

Einer der größten Vorteile der Wärmepumpe liegt in ihrer Fähigkeit, bisher ungenutzte Wärmequellen zu erschließen. Stellen wir uns vor, wir könnten mit einer Wärmebildkamera durch die Stadt gehen – überall würden wir Flecken entdecken, an denen Wärme ungenutzt bleibt. So auch in Industrieprozessen, wo häufig Abwärme von unter 40 Grad Celsius entsteht, die für traditionelle Fernwärme- oder Heizsysteme zu kühl ist. Für Wärmepumpen hingegen ist diese Temperatur ideal. Sie können diese sonst „verlorene“ Wärme aufnehmen und effizient auf das Temperaturniveau heben, das wir zum Heizen brauchen. Genau dieser Abwärmenutzung und der bedeutenden Rolle der Wärmepumpedarin haben wir bereits eine eigene Episode gewidmet, die ihr am Ende der Seite verlinkt findet.

Wärmepumpen spielen deswegen eine entscheidende Rolle in der Transformation unserer Fern- und Nahwärmenetze hin zu einer klimaneutralen Zukunft oder wie Thomas Fleckl es ausdrückt:

„Wenn wir im Energiesystem unendlich viel erneuerbaren elektrischen Strom zur Verfügung hätten, wäre es das einfachste, direkt elektrisch zu heizen. Das ist aber nicht der Fall. (…) Wir sehen, dass wir diese Effizienztechnologien wie die Wärmepumpe einfach massiv brauchen, sonst wird die Energiewende nicht funktionieren.“

Wollt ihr noch mehr zur Wärmepumpe und ihrer Bedeutung für die Energie- und Wärmewende erfahren, hört ins unsere Podcastfolgen #30 „Die Wärmepumpe“ und #28 „Das Wärmenetz der Zukunft“!

Podcast zu diesem Thema

Wenn es um die Wärmepumpe geht, wird oft hitzig diskutiert. Dabei hört man viele Dinge: Von "Wärmepumpe funktioniert nur im Neubau", "eine Wärmepumpenheizung ist eigentlich eine Stromheizung", über "eine Wärmepumpe funktioniert nirgendwo, wo es kalt ist" bis zu "die Wärmepumpe ist die Schlüsseltechnologie der Energiewende". Was stimmt und was stimmt nicht? In dieser Folge verlassen wir das Reich der Mythen und liefern euch ganz praktische Antworten. Dazu haben wir mit Arne Komposch, einem erfahrenen Haustechnikplaner und mit Thomas Fleckl vom Austrian Institute of Technology gesprochen.  
Wenn es um die Wärmepumpe geht, wird oft hitzig diskutiert. Dabei hört man viele Dinge: Von "Wärmepumpe funktioniert nur im Neubau", "eine Wärmepumpenheizung ist eigentlich eine Stromheizung", über "eine Wärmepumpe funktioniert nirgendwo, wo es kalt ist" bis zu "die Wärmepumpe ist die Schlüsseltechnologie der Energiewende". Was stimmt und was stimmt nicht? In dieser Folge verlassen wir das Reich der Mythen und liefern euch ganz praktische Antworten. Dazu haben wir mit Arne Komposch, einem erfahrenen Haustechnikplaner und mit Thomas Fleckl vom Austrian Institute of Technology gesprochen.  

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Die Fern- und Nahwärmenetze in Österreich sind weiterhin stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Eine flächendeckende Umstellung auf erneuerbare Energien ist jedoch nicht einfach. Um herauszufinden, wie dies dennoch gelingen kann, begeben wir uns heute mit Joachim Kelz vom AEE, dem Institut für nachhaltige Technologien in Gleisdorf, auf eine detektivische Suche mit Wärmebildkamera und Satellitendaten und machen mit Anna Gantner von Wien Energie einen Ausflug unter die Therme Wien in Oberlaa.  
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