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Prinzipien der Wärmewende: Die Kaskadische Nutzung

30. November 2022

Die Kaskadische Nutzung beschreibt ein eigentlich genial einfaches Prinzip: Die intelligenteste Nutzung zuerst. Was das heißt?

Nehmen wir zum Beispiel einen Baum. Einen Baum kann man fällen und gleich verbrennen. So weit, so gut. Intelligenter wäre es allerdings, aus dem Holz zuerst einen Schrank zu schreinern. Wird der nicht mehr gebraucht, kann ich aus dem Schrank einen Tisch bauen, aus dem Tisch dann einen Stuhl, aus dem Stuhl ein Regal und so weiter und so fort, bis man dann irgendwann – nach einigen Jahrzehnten – das Holz schlussendlich tatsächlich verbrennt.

 

Mit dem Wort Kaskade wurde ursprünglich ein künstlich angelegter, sich über mehrere Stufen ergießender Wasserfall beschrieben und genau dasselbe passiert auch hier: ein Rohstoff wird über mehrere Treppenstufen durch intelligente Verwendungen möglichst lange in einem Nutzungskreislauf gehalten, bevor er schlussendlich, wie im Fall von Holz, verheizt wird.

 

Das Prinzip der Kaskadischen Nutzung kann man nicht nur für Rohstoffe wie Holz, sondern auch im Umgang mit Wärmeenergie anwenden. Die Tiefengeothermie, so wie wir sie in Folge #21 vorgestellt haben, ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Bei der Tiefengeothermie wird Wasser mit ca. 120 Grad an die Erdoberfläche gepumpt. Dieses Wasser direkt zum Heizen unserer Wohnungen zu benutzten, wäre nicht sehr intelligent, denn Privathaushalte brauchen keine so hohen Temperaturen. Deswegen macht es Sinn, dieses Wasser zuerst dorthin zu leiten, wo diese hohen Temperaturen tatsächlich ausgenutzt werden: in Industriebetriebe, wie die der Papierherstellung. Die Wärme, die dort übrigbleibt, kann dann immer noch an andere Betriebe verteilt werden, die etwas weniger Wassertemperatur für ihre Prozesse benötigen, wie beispielsweise Wäschereien. Von den Wäschereien geht es dann zu den Gewächshäusern und von den Gewächshäusern schlussendlich zu den Privathaushalten. Auch hier wird also eine Kaskade an Zwischennutzungen errichtet, bis schlussendlich das Wasser wieder zurück in den Untergrund gepumpt wird.

 

Betrachtet man so einen intelligenten Kreislauf, wird auch sehr schnell klar, warum Gasthermen, wie sie heute noch in hunderttausenden(!) österreichischen Haushalten hängen, überhaupt keinen Sinn ergeben: in ihrem Inneren entstehen Temperaturen von über 1000 Grad, die dazu benutzt werden, Wasser auf nur 50 Grad Celsius zu erhitzen. Auch hier kann man Kaskaden einführen und das Gas dort nutzen, wo man es immer noch braucht: in der energieintensiven Industrie. Die Abwärme, die dort als Abfall entsteht, fängt man auf und leitet sie über ein Nah- oder Fernwärmesystem in unsere Wohnzimmer weiter.

 

Die Kaskadische Nutzung hat ihren Namen also nicht umsonst von einem Treppenwasserfall übernommen: von oben – von der energieintensivsten Nutzungsmöglichkeit – fließt so die Energie immer zum nächst kleineren Verbraucher nach unten.

 

Ihr wollt über Beispiele lesen, die jetzt schon die Kaskadische Nutzung erproben? Hier ein paar Projekte, die durch den Klima- und Energiefonds gefördert wurden:

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